Auf der Suche nach Frieden
Der Krieg ist eine Erfahrung, die dein Innerstes erschüttert…
Auch Olena ist vor zwei Jahren allein mit ihrer Tochter nach Cluj-Napoca in Rumänien geflohen. Viele ukrainische Frauen müssen den Alltag mit ihren Kindern allein meistern, weil ihre Männer an der Front sind. Anfangs dachten sie, sie würden für zwei, drei Wochen bleiben und dann zurückkehren. Jetzt, nach zwei Jahren, begreifen sie, dass sie die Situation akzeptieren müssen, dass sie Arbeit finden und ihre Kinder einschulen müssen. Doch es ist schwierig, einen Platz in einer rumänischen Kindertagesstätte zu finden und zudem verstehen die Kinder ja kaum Rumänisch und ertragen es nur schwer, in der fremden Umgebung von ihren Müttern getrennt zu sein.
Be brave! Sei tapfer!
Olena, die in Kiew Wirtschaft studiert und danach im Projektmanagement gearbeitet hat, hatte deshalb die Idee, den «Be Brave Kids Club» zu gründen: eine Tagestätte für ukrainische Kinder, wo Ukrainisch gesprochen wird und wo sie langsam auf den Kindergarten in Rumänien vorbereitet werden. Die Mütter können die Zeit nutzen, um einen rumänischen Sprachkurs zu besuchen oder zur Arbeit zu gehen. Es sei ein Bedürfnis der Eltern gewesen, das sie, selbst eine alleinerziehende Mutter, erkannt habe. Olenas Kindertagesstätte ist eine der Klein-Initiativen, die von HEKS Rumänien im Rahmen des SCLR-Programms derzeit unterstützt werden. Man sieht, dass Olena selbst Kraft daraus schöpft, sich auf diese Weise für ihre Gemeinschaft engagieren zu können. «Ich tue es nicht nur für mich. Ich weiss: Ich tue es für jemanden», erzählt sie uns im Interview.
Filling in the gaps
Wir merken schnell, dass der SCLR-Ansatz interessant ist, weil die vielfältigen kleinen Selbsthilfeinitiativen Lücken schliessen, die HEKS selbst eventuell gar nicht wahrgenommen hätte. So unterschiedlich wie die Bedürfnisse der Menschen sind, so unterschiedlich sind auch diese kleinen Initiativen. Während es in Rumänien vor allem um soziale Aktivitäten für Kinder und Jugendliche oder um Integrationsprojekte geht, sieht es in Transkarpatien ganz anders aus.
Die ländlich geprägte Region im äussersten Südwesten der Ukraine gehörte schon vor dem Krieg zu den ärmsten Oblasten des Landes. Nach Kriegsbeginn hatten Hunderttausende Menschen aus dem Osten hier Zuflucht gesucht. Mehr als zwei Jahre später leben immer noch rund 370’000 Binnenvertriebene in Transkarpatien und warten auf ein Ende des Krieges, um in ihre Heimatregionen zurückkehren zu können. Manche haben nichts mehr, wohin es sich zurückzukehren lohnt. Zudem haben viele junge Menschen Transkarpatien verlassen, Männer im wehrfähigen Alter wurden eingezogen. Zurück bleiben ältere Menschen, alleinerziehende Frauen oder Menschen in anderen schwierigen Lebenssituationen.
Bei den Selbsthilfeinitiativen, die wir in Transkarpatien besuchen konnten, geht es denn auch viel stärker um die Deckung der Grundbedürfnisse, aber auch um die gegenseitige Unterstützung: Gyula Szabó von der reformierten Kirchgemeinde Dertsen verteilt täglich warme Mahlzeiten an Menschen in Not in seinem Dorf. Oder Eva Izhak, eine Schuldirektorin, kann dank dem SCLR-Programm eine Hilfslieferung für intern vertriebene Menschen organisieren, die nun schon seit zwei Jahren in einem ehemaligen Schulgebäude untergebracht sind.
Don’t close your eyes