Palmöl-Ernte auf Lastwagen
Blogbeitrag von Silva Lieberherr

Knospe für Palmöl aus Sao Tomé zurückgezogen

17.9.2021

Bio Suisse: Heikle Zertifizierung

«Knospe-Bschiss bei Bio Suisse» titelte der Blick letzte Woche. Was steckt dahinter?
Es ist nichts Neues, dass Palmöl ein sehr problematischer Rohstoff ist. Wirklich faires und nachhaltiges Palmöl gibt es kaum. Andere Öle wie Kokos- oder Sonnenblumenöl sind allerdings oft auch nicht besser. Doch der Druck des Marktes ist riesig, grosse Mengen an preisgünstigem, biologischem und fairem Pflanzenöl bereitzustellen. Fast ein Ding der Unmöglichkeit.

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Silva Lieberherr
Fachverantwortliche Landgrabbing
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In diesem Kontext zertifiziert Bio Suisse auch Palmöl aus Afrika und Lateinamerika. So erhielt die Firma Agripalma in Sao Tomé Anfang 2020 das Knospe-Label. Dabei handelt es sich um eine Plantage der Firma Socfin, die einen mehr als zweifelhaften Ruf hat. Das weckte Misstrauen. Frühere Recherchen zu Agripalma und insbesondere auch ein Blogbeitrag auf Heidis Mist liessen bei uniterre und Brot für alle den Verdacht aufkommen, dass für die Agripalma-Plantage hochwertiger Wald abgeholzt wurde und es dabei zu Landkonflikten kam. Da dies die Regeln von BioSuisse verletzt, hat uniterre zusammen mit FIAN Schweiz bei Bio Suisse nachgefragt.

Nach dieser Kritik inklusive konkreten Hinweisen hat Bio Suisse die Fakten nochmals geprüft und ist zum Schluss gekommen, dass man die Situation und die Vorwürfe «nicht ausreichend auflösen» könne. Darum hat Bio Suisse im März 2021 Agripalma die Knospe wieder entzogen. Socfin hat gegen diesen Entscheid Beschwerde eingereicht, das Verfahren ist noch hängig.

Umstrittene Zertifizierung

Trotz der jetzt entfachten Diskussion rund um Agripalma ist es unwahrscheinlich, dass Bio Suisse bei der Zertifizierung von Palmölplantagen in Zukunft genauer hinsehen wird. Denn neuestens stützt sich die Knospe auf die Zertifizierung durch den Roundtable for Sustainable Palmoil (RSPO). Die RSPO-Zertifizierung wurde jedoch schon wiederholt von vielen Seiten kritisiert. Sie ist nicht glaubwürdig, insbesondere weil weder die Prozesse zur Zertifizierung noch zur Überprüfung funktionieren. Bestehende Probleme werden nicht erkannt, Betroffene nicht einmal angehört.

Der jüngste kritische Bericht stammt von der Organisation Friends of the Earth Niederlande, welcher unter anderem die RSPO-Zertifizierung von Socfin-Plantagen unter die Lupe nimmt. Er zeigt gravierende Mängel im Zertifizierungsprozess auf bei Plantagen in Kamerun, Sierra Leone, Elfenbeinküste und Nigeria. So berichten etwa betroffene Dorfbewohnerinnen und -bewohner von einem Klima der Angst und Einschüchterung, in dem es fast unmöglich werde, sich Gehör zu verschaffen.

Wie auch immer der Entscheid zur Beschwerde von Socfin für Agripalma in Sao Tomé ausfallen wird: Palmöl in Monokulturplantagen darf nicht mit dem Knospe-Label ausgezeichnet werden. Die Bauernorganisation uniterre hat in ihrer Medienmitteilung klare Forderungen an BioSuisse gestellt. Wenn Bio Suisse glaubwürdig bleiben will, muss sie insbesondere bei Importen noch einmal über die Bücher.

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