Stellungnahme vom 15. März 2023

Besserer Schutz für Opfer häuslicher Gewalt

Eine geplante Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) will von häuslicher Gewalt betroffene Migrant:innen besser schützen. Diese müssen aktuell befürchten, nach einer Trennung aus der Schweiz ausgewiesen zu werden, wenn ihre Aufenthaltsbewilligung an den «Verbleib beim Ehegatten» geknüpft ist. Viele von ihnen bleiben deshalb mitsamt ihren Kindern in gewaltgeprägten Beziehungen. HEKS begrüsst, dass dieser gravierende Mangel im Opferschutz nun endlich behoben werden soll und hat sich an der Vernehmlassung beteiligt.

Der Schutz von Opfern häuslicher Gewalt ist in der Schweiz ungenügend. Dies kritisieren zivilgesellschaftliche Organisationen seit vielen Jahren. Für Migrant:innen, deren Aufenthaltsstatus an den «Verbleib beim Ehegatten» geknüpft ist, kann eine Trennung dazu führen, dass sie ihre Aufenthaltsbewilligung verlieren und aus der Schweiz weggewiesen werden. Um ihre Aufenthaltsbewilligung nicht zu gefährden, verbleiben sie bei ihren gewalttätigen Partner:innen – selbst wenn sie, und häufig auch ihre Kinder, Opfer massiver häuslicher Gewalt werden. 
Besserer Schutz für Opfer häuslicher Gewalt
HEKS

Das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) und die dazugehörige Verordnung (VZAE) sehen zwar bereits heute Möglichkeiten vor, mit denen Opfer von häuslicher Gewalt nach einer Trennung in der Schweiz verbleiben können. Diese unterscheiden sich je nach Aufenthaltsstatus. Zudem ist die Umsetzung ausgesprochen restriktiv: Die Rechtsprechung verlangt aktuell, dass die häusliche Gewalt intensiv und systematisch sein muss. Die Beweisanforderungen sind hoch. Berichte von Gewaltschutzorganisationen, Psycholog:innen und Sozialarbeiter:innen, die sich auf das Thema Gewalt spezialisiert haben, und sogar medizinisch attestierte Befunde der Gewaltfolgen werden von den Migrationsbehörden nicht immer als valide Indizien von Gewalt akzeptiert oder ihre Aussagekraft wird angezweifelt. 

HEKS begrüsst deshalb die geplante Änderung im AIG ausdrücklich. Diese sieht vor, dass die Härtefallregeln unabhängig vom bisherigen Aufenthaltsstatus gelten. Weiter sieht die Vorlage vor, dass Opfer häuslicher Gewalt für mindestens drei Jahre in der Schweiz bleiben können, unabhängig davon, ob sie die Integrationsanforderungen erfüllen. Indem die Erwartungen in Bezug auf die finanzielle Unabhängigkeit und die Sprachkompetenzen vorerst zurückgestellt werden, wird der schwierigen Ausgangslage der Gewaltopfer Rechnung getragen. HEKS hält dies für eine sinnvolle Regelung, auch wenn es Konstellationen geben kann, in denen auch drei Jahre nicht ausreichen, zum Beispiel aufgrund der gesundheitlichen Situation oder aufgrund von Betreuungspflichten gegenüber Kindern. 

Darüber hinaus fordert HEKS im Rahmen der Vernehmlassung, dass die Migrationsbehörden bei ihrer Beurteilung auch die Auskünfte und Berichte von spezialisierten Fachstellen berücksichtigen müssen und dies explizit im Gesetz verankert wird.

Zur Vernehmlassungsantwort von HEKS