Medienmitteilung vom 28. Juni 2022

Über 8500 Unterschriften für gerechte Sozialhilfe

Die Corona-Pandemie hat es in aller Deutlichkeit gezeigt: Armut in der Schweiz existiert. Und Menschen ohne Schweizer Pass sind deutlich stärker von Armut betroffen. Dies bestätigen die Zahlen des Bundesamtes für Statistik aus dem Jahr 2020: Während bei Schweizer:innen die Armutsquote 6.8 Prozent beträgt, ist sie bei Ausländer:innen mit 13.6 Prozent fast doppelt so hoch. Die Pandemie hat die soziale Ungleichheit sogar noch weiter verschärft. Trotzdem werden gerade Menschen ohne Schweizer Pass in der Sozialhilfe diskriminiert. Mit der Übergabe der HEKS-Petition «Für eine gerechte Sozialhilfe» fordern 8551 Unterzeichner:innen vom Parlament eine Sozialhilfe, die alle Menschen in der Schweiz auffängt. Übergeben wurde die Petition heute Vormittag von zwei Frauen, die selbst betroffen sind.

Petition für eine gerechte Sozialhilfe
Daniel Rhis

Diskriminierung mit fatalen Folgen

Menschen mit einem geregelten Aufenthaltsstatus (Ausweis B oder C), die schon viele Jahre in der Schweiz leben und hier gearbeitet haben, werden bei der Sozialhilfe diskriminiert. Ihnen droht bei Sozialhilfebezug die Rückstufung oder der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, unabhängig davon, wie lange sie bereits in der Schweiz leben. Aus Angst vor negativen Konsequenzen verzichten deshalb viele Menschen ohne Schweizer Pass auf ihr Recht, Sozialhilfe zu beziehen. Auch vorläufig Aufgenommene (Status F) – Menschen, die zum Beispiel aus Syrien oder Afghanistan geflüchtet sind und erfahrungsgemäss längerfristig in der Schweiz bleiben – werden benachteiligt: Sie erhalten nur eine reduzierte Sozialhilfe. Der Betrag liegt je nach Kanton bis zu 40 Prozent tiefer als der Normalsatz der Sozialhilfe, der ein soziales Existenzminimum garantiert. Mit dem gleichen Betrag müssen aktuell Geflüchtete aus der Ukraine (Status S), die noch keine Arbeit gefunden haben, über die Runden kommen.
 
Die Folge dieser Benachteiligungen: Immer mehr Menschen, zum Teil ganze Familien, leben in der Schweiz in Armut. Sie werden isoliert statt integriert. «Dieser Prekarisierung von armutsbetroffenen Menschen will HEKS entgegenwirken. Denn sie ist nicht nur für die Betroffenen fatal, sondern schadet der ganzen Gesellschaft und führt längerfristig zu hohen Folgekosten», kommentiert Nina Vladović von der HEKS Fachstelle Integration.

Betroffene übergeben die Petition ans Parlament 

Innert zwei Monaten haben deshalb über 8500 Menschen die Petition «Für eine gerechte Sozialhilfe» unterschrieben und fordern gemeinsam mit HEKS eine Sozialhilfe, die alle Menschen in finanzieller Notlage gleichermassen auffängt. Zudem fordern sie, dass Sozialhilfebezug kein Grund mehr sein darf, eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung zu entziehen. Übergeben wurde die Petition von zwei Frauen aus Genf, die selbst betroffen sind. Mirian Dias Santana über ihre Situation: «Mein kleiner Lohn als Nanny reicht nicht aus für meinen Sohn und mich. Ich hätte Anspruch auf Sozialhilfe. Sozialhilfe beziehen möchte ich aber nicht, denn ich habe Angst, dass ich meinen Aufenthaltsstatus verlieren könnte. Damit mein Sohn und ich einigermassen über die Runden kommen, habe ich mich verschuldet.»

Die Arbeit für eine gerechte Sozialhilfe geht weiter 

Mit der Übergabe der Petition setzt HEKS gegenüber Parlament und Öffentlichkeit ein sichtbares Zeichen für eine gerechte Sozialhilfe. Gleichzeitig unterstützt HEKS parlamentarische Geschäfte, die in die gleiche Richtung arbeiten. Eine davon ist die parlamentarische Initiative «Armut ist kein Verbrechen» von SP-Nationalrätin Samira Marti. Diese fordert, dass ein Widerruf der Aufenthaltsbewilligung bei einer Ausländerin oder einem Ausländer, die oder der sich seit mehr als 10 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhält, nicht mehr möglich ist.
 

 

Bettina Filacanavo
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