Mutter mit Kind in Überschwemmung
Blogbeitrag von Cybèle Schneider

Verantwortung Klimagerechtigkeit

Blogbeitrag vom 28.12.2021

Verantwortung Klimagerechtigkeit

Was bedeutet eigentlich Klimagerechtigkeit?

Der Begriff «Klimagerechtigkeit» oder sein englisches Pendant «Climate Justice» ist in aller Munde, auf Bannern an jedem Klimastreik und in meiner Stellenbezeichnung. Ob bei der COP 26 in Glasgow, auf dem Bundesplatz in Bern oder bei der diesjährigen Ökumenischen Kampagne «weniger Fleischkonsum, mehr Regenwald» von Brot für alle und Fastenopfer: der Ruf nach «Klimagerechtigkeit Jetzt!» wird immer lauter. Auch für das fusionierte HEKS wird Klimagerechtigkeit ein Schwerpunkt sein. Doch was genau versteht man eigentlich unter dieser Klimagerechtigkeit?

Spätestens seit den 1980er Jahren ist bekannt, dass der Klimawandel durch den Menschen verursacht wird, und dass dessen Folgen für Mensch und Natur verheerend sind. 1986 forderte die Deutsche Physikalische Gesellschaft zusammen mit der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, dass die Erderwärmung auf 1°C beschränkt werden muss, da sonst mit schwerwiegenden Klimafolgen zu rechnen sei. Heute, 35 Jahre später, hat sich die Erde bereits um 1,1°C erwärmt. Auch das im Pariser Abkommen festgelegte Ziel einer maximalen Erwärmung von 1.5°C dürfte nur sehr schwer zu erreichen sein, wie die jüngsten Klimaverhandlungen in Glasgow aufzeigten. Täglich werden bereits jetzt auf der ganzen Welt extreme Hitze, Niederschläge, Stürme und Überflutungen registriert. Die Gletscher schmelzen. Der Meeresspiegel steigt. Arten sterben aus. Menschen leiden. Doch andere Menschen stossen weiter massiv Treibhausgase in die Luft und zerstören ganze Ökosysteme.

Die Verantwortung der Verursachenden

Der Klimawandel trifft nicht alle Menschen gleich. Die Folgen der Erderwärmung treffen meist jene Menschen am härtesten, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Eine Person in Burundi stösst im Jahr durchschnittlich etwa 0,1 Tonne CO2 aus, eine Person in der Schweiz hingegen 4,4 Tonnen CO2  – rechnet man die Auslandemissionen der Schweiz sowie die Flüge hinzu, sind es sogar 14 Tonnen CO2 pro Kopf. Gleichzeitig leiden die Menschen im globalen Süden häufiger unter den Folgen des Klimawandels und haben in vielen Fällen nicht die Mittel, um sich vor dem steigenden Meeresspiegel, Wetterextremen und Naturkatastrophen zu schützen, wegzuziehen oder sich den klimatischen Veränderungen anzupassen.

Deshalb ist der Klimawandel eine massive Gefahr für die Menschenrechte. Wollen wir diese Rechte schützen und jedem Menschen das gleiche Recht auf ein Leben in Würde gewähren, müssen die Verursachenden des Klimawandels ihre Verantwortung wahrnehmen. Dies ist die Forderung der Klimagerechtigkeit: Die Lücke zu schliessen zwischen jenen, die den Klimawandel verantworten und jenen, die darunter leiden. Eine Person in der Schweiz hat mehr zu verantworten als eine Person in Burundi. Eine Person, ein Unternehmen oder ein Staat aus dem globalen Norden muss mehr gegen den Klimawandel unternehmen als jemand aus dem globalen Süden. Je grösser, tiefer und schmutziger der ökologische Fussabdruck, desto grösser die Verantwortung, menschliches Leid abzuwenden und die Klimakatastrophe zu verhindern.

Bei meinem Völkerrechtsstudium erkannte ich, dass der Klimawandel die grösste Gefahr ist für die Menschenrechte. Liest man die jüngsten IPCC- Berichte, erscheint die Situation ziemlich aussichtslos. Wie kann ich da als 25-Jährige positiv bleiben? – Indem ich immer wieder einfordere, dass jene, die den Klimawandel verursacht haben, ihre Verantwortung wahrnehmen. Viel Zeit bleibt uns nicht. Es müssen alle Generationen den Wandel zur Klimagerechtigkeit wollen, laut fordern und entsprechend handeln. Denn dies ist die Verantwortung – ja, ich würde sogar sagen Pflicht – die ich und Sie, der Staat und die Unternehmen tragen, damit jedem Menschen das Recht auf ein Leben in Würde gewährt wird.

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